Werke von Ludwig Münstermann in der Wesermarsch und in Friesland

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Mein Weg in die Ludwig-Münstermann-Gesellschaft e.V.

Von Ibeling Rolf van Lessen (552)

In einer Zeit, in der der dreißigjährige Krieg (1618- 1648) in weiten Teilen des damaligen Römischen Reiches Tod und Verderben über das Land brachte, wurden im Nordwesten Deutschlands viele Kirchen erbaut und mit prächtiger und künstlerisch herausragender Innenausstattung versehen. Vor allem Graf Anton Günther von Oldenburg und sein Nachfolger Anton II verstanden es nicht nur hervorragend, sich und ihre Besitztümer aus den tobenden Auseinandersetzungen herauszuhalten, sondern durch die Lieferung von Lebensmitteln für die Truppen und vor allem die Versorgung der Kriegsparteien mit vorzüglichen Pferden sogar noch Profit daraus zu schlagen. Dem daraus erwachsenen Wohlstand und dem Bedürfnis des Grafen Anton Günter und seiner Frau Sophia Catharina, den protestantischen Glauben in ihrer Grafschaft zu verbreiten und zu festigen, haben wir viele vom bedeutenden Bildhauer Ludwig Münstermann ausstaffierte Kirchen in der Region der heutigen Wesermarsch und Frieslands zu verdanken.

Von vier Aposteln „bewachte“ Taufszene in der Aufhängung des Taufsteindeckels in der St. Secundus-Kirche Schwei (1623)

Neben seinen beeindruckenden Kunstwerken hat uns Ludwig Münstermann leider nur wenig Informationen über sein Leben hinterlassen. Als gesichert gilt, dass er zwischen 1570 und 1580 geboren wurde und zwischen März 1637 und Dezember 1638 starb. Gesichert ist ebenso, dass er, obschon sich seine künstlerische Begabung sicher schon früh zeigte, zunächst als gewöhnlicher Handwerker tätig war. 1599 wurde er als Meister in die Hamburger Drechslerzunft aufgenommen und betrieb eine Werkstatt an einem Hamburger Fleet nahe dem Hafen. Eine künstlerische, über das Drechslerhandwerk hinausgehende Betätigung in Hamburg untersagte ihm die strenge Zunftordnung. Seine künstlerische Begabung als Holz- und Steinbildhauer muss aber schon in dieser Zeit zu Tage getreten und bekannt geworden sein. Nur so lässt sich erklären, dass Ludwig Münstermann vom Steinbildhauer Johann Prange hinzugezogen wurde, als dieser die Wasserburg des Grafen Anton Günter an der Hunte 1607-1612 zu einem Renaissanceschloss umbauen sollte. Hier muss auch der Graf auf den jungen Meister aufmerksam geworden sein. So durfte er schon 1612, also im Jahr der Fertigstellung des Schlosses, die St.-Ulrichs-Kirche in Rastede mit einer beeindruckenden, in Holz geschnitzten Kanzel ausstatten.

König David an der Kanzel der St. Secundus-Kirche Schwei (1618)

Betrachtet man die im Münstermann-Katalog1) zusammengefassten Werke Münstermanns und führt sich deren Schlagzahl bei der Entstehung vor Augen, drängt sich die Vermutung auf, Münstermann könne nicht immer zwischen seiner Werkstatt in Hamburg und der Grafschaft Oldenburg gependelt sein, sondern müsse zu dieser Zeit in unserer Region gewohnt und ebenfalls eine Werkstatt betrieben haben. Dieser Verdacht wird durch neueste Erkenntnisse der jüngsten Forschung erhärtet, die mit recht großer Sicherheit zeigen, dass Ludwig Münstermann ein Haus nahe der Vareler Schlosskirche bewohnt hat. Diesen in Fachkreisen durchaus als Sensation zu bezeichnende Fund präsentierte der Vorsitzende der Ludwig-Münstermann-Gesellschaft e.V., Dr. I. Ponert jüngst in der ersten Jahreshauptversammlung, die nach einem Gottesdienst in der Schlosskirche im Gemeindehaus der Vareler Kirchengemeinde stattfand.

Darstellung der Beschneidung im Sockel des Altarretabels in der St. Secundus-Kirche Schwei (1637). Deutlich zu erkennen ist die farbliche Gestaltung durch geschickte Verwendung unterschiedlicher Holzarten. Diese im Rahmen von Restaurierungen wieder hergestellte Holzsichtigkeit ist eine Besonderheit der Münstermann Werke in der Schweier Kirche unter den ansonsten meist farblich gefassten Kunstwerken Münstermanns.

Auch wenn Ludwig Münstermanns Kunst nicht die überregionale Bekanntheit z.B. eines Michelangelo erreicht, beschäftigen sich doch einige Fachleute und Forscher mit seiner Lebensgeschichte und seinem Wirken und Einfluss bis in die heutige Zeit. Die Erkenntnisse aus den verschiedenen Fachrichtungen zu sammeln, zu bewerten und vor allem zu sichern ist die Hauptaufgabe des von namhaften Kunsthistorikern ins Leben gerufenen Vereins mit Sitz in Oldenburg. So trafen sich am 2.11.2018 einige Fachleute und vor allem Vertreter von Kirchengemeinden mit Münstermann-Werken zur Gründungsversammlung der Ludwig- Münstermann- Gesellschaft in der Lambertikirche in Oldenburg.

Der die Kanzel tragende Moses, in der St. Secundus-Kirche Schwei (1618).

Da ich mich als zweiter Vorsitzender des Kirchbauvereins der St.-Secundus Kirche in Schwei schon seit einigen Jahren für den Erhalt unserer Kirche mit einer beeindruckenden Münstermann-Ausstattung einsetze, ergab sich, dass auch ich zu dieser Versammlung eingeladen wurde und aus Interesse gern teilnahm. Anders als von mir anfänglich gedacht, blieb es aber nicht nur bei der Teilnahme an dieser Versammlung. In der Gründungsversammlung ging es nicht nur um die Verabschiedung einer Vereinssatzung, es musste natürlich auch ein Vorstand gewählt werden. Über die Vorsitzenden hatte man sich im Vorfeld natürlich schon Gedanken gemacht, so dass die Wahl des seit vielen Jahren mit Münstermann beschäftigten Kunsthistorikers Dr. I. Ponert zum ersten Vorsitzenden und des Pfarrers Tom O. Brok der Kirchengemeinde Varel zum zweiten Vorsitzenden reine Formsache war.

Irgendwie vergessen hatte man aber, dass ein Verein, der u.a. Geld einnehmen und für den Erhalt und die Erweiterung des Wissens rund um Ludwig Münstermann ausgeben soll, zwingend auch einen Schatzmeister braucht. Wie es nun mal häufig ist, standen die Freiwilligen für dieses Amt nicht gerade Schlange. Nach kurzer Bedenkzeit und Rücksprache mit dem ersten Vorsitzenden unseres Kirchbauvereins, Dr. Cord Diekmann, entschied ich spontan, mich für dieses Amt zur Verfügung zu stellen und wurde, obwohl ich den wenigsten der Anwesenden bekannt war, einstimmig gewählt. Ein motivierender Vertrauensvorschuss, der aber ehrlicherweise auch etwas aus der Not heraus, dass sich niemand anderer bereit erklärt hat, entstanden ist. Natürlich hatte ich etwas Zweifel, mir mit meiner spontanen Entscheidung vielleicht doch etwas viel zusätzliche Arbeit aufgehalst zu haben. Diese Befürchtungen haben sich aber in keinster Weise bewahrheitet. Natürlich muss gerade in der Gründungsphase einiges mehr an Arbeit geleistet und, wie wir lernen mussten, sehr genau auf Formalien geachtet werden. In unserem Vorstandsteam, dass zusätzlich zu den beiden Vorsitzenden und mir als Schatzmeister, noch durch Annemarie Cornelius aus der Kirchengemeinde Langwarden (Butjadingen) ergänzt wird, funktionierte die Zusammenarbeit und vor allem die Arbeitsteilung aber sehr gut. So sind wir jetzt ein funktionierender eingetragener Verein, der ab dem kommenden Jahr auch als gemeinnützig anerkannt wird.

Unsere Vorsitzenden haben sich von Anfang an neben den Formalien der Gründung schon mit den ersten Projekten beschäftigt. So wird beispielsweise in der Landesbibliothek Oldenburg ein Münstermann-Archiv angelegt, in dem vor allem die umfangreiche Sammlung des ersten Vorsitzenden aufgenommen und archiviert wird. Diese Bilder und Quellen werden zudem digitalisiert und über ein Internet-Portal jedem Interessierten zur Verfügung gestellt.

Leider befinden sich nicht alle Werke Ludwig Münstermanns in den Kirchen unserer Region in gutem Zustand. Die hohen Kosten einer fachgerechten Restaurierung übersteigen die finanziellen Möglichkeiten der meisten Kirchengemeinden. Auch hier möchte die Ludwig- Münstermann- Gesellschaft durch die Vermittlung von Geldquellen, vor allem aber mit der Expertise der Mitglieder, behilflich sein.

Aufgrund eines akuten Holzwurm-Befalls muss z.B. das Altarretabel der Kirche in Tossens dringend behandelt und restauriert werden. Außerdem wird die Gesellschaft Forschungen zu Leben und Wirken Ludwig Münstermanns, aktuell vor allem zu seinem Wohnsitz in Varel, fördern und vorantreiben.

Sollte dieser kurze Bericht Ihr Interesse über das Werk Ludwig Münstermanns geweckt haben, können Sie Mitglied der Münstermann- Gesellschaft werden, oder Sie können die Gesellschaft finanziell fördern.

1) Dietmar I. Ponert, Rolf Schäfer, Tobias Trapp: Ludwig Münstermann – Bildhauerkunst des Manierismus im Dienste lutherischer Glaubenslehre, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg, und Isensee Verlag, Oldenburg, 2016.